Ein gelungenes Fest im Familienkreis, eine ausgelassene Feier mit Freunden? Da ist das richtige Essen nicht nur die Untermalung, es ist tonangebend! Dabei muss es nicht immer Kaviar und Hummer sein. Auch günstigere Zutaten sind mit der richtigen Komposition schon ein Fest für sich allein. Oft sind komplizierte Zubereitungsmethoden gar nicht nötig, ein gutes, gesundes Lebensmittel spricht allein durch seine Frische und seinen Eigengeschmack. Mit etwas Planung und der richtigen Zusammenstellung hält sich dann auch die Arbeit in Grenzen. So lassen sich manche Gerichte prima am Vortag erledigen, sodass man den Tag mit seinen Gästen voll genießen kann. Und die Anerkennung für das gelungene Menü oder den besonders zarten, selbst angebauten Salat lassen alle übrigen Mühen wie Schnee in der Sonne schmelzen.
In vielen Gegenden Deutschlands gibt es auch heutzutage noch, vor allem zu bestimmen Anlässen und Feiertagen, neben regionalen Bräuchen auch besondere Speisen, die nur zu diesem speziellen Tag zubereitet werden. Allem voran betrifft dies natürlich die Fastenzeit und ihren Höhepunkt: den Karfreitag. In neuer Zeit mögen die Einschränkungen zur Fastenzeit zu einem beachtlichen Teil gesundheitsbedingt oder einfach auch die Achtung vor nicht immer verfügbaren Ressourcen unserer Erde widerspiegeln. Doch auch religiöse Aspekte sind fest in unser kulturelles Leben übergegangen und bleiben dort auch in Form von regionalen Gepflogenheiten und den dazugehörigen Rezepten verankert.
In unserer Reihe Fest- und Feiertagsgerichte wollen wir Euch diesmal auf einen kulinarischen Streifzug quer durch die Republik mitnehmen, wo altbekannte, regionale Gerichte zu Karfreitag oft einen neuen Aufschwung erleben und die Verbundenheit mit der Heimat versinnbildlichen. Und welches Lebensmittel wäre zu diesem Anlass besser geeignet als der Fisch?
Ihren Ursprung haben die Karfreitagsgerichte im letzten Abendmahl, das von Jesus, kurz vor dessen Tod am Kreuz, und seinen Jüngern als karges Mahl mit Brot und Wein begangen wurde. Daher, und dem traurigen Anlass angemessen, sind Karfreitagsgerichte keine aufwändigen Drei-Gänge-Menüs mit luxuriösen Zutaten, auch wenn Fisch heute, im Gegenzug zur Entstehungszeit der Karfreitags-Fischgerichte, durchaus teuer und nicht mehr im Überfluss verfügbar ist. Der Karfreitag wird als Feiertag wohl schon seit dem 2. Jh. n. Chr. begangen und ist ein Fastentag, was den Verzicht auf Fleisch beinhaltet. Fisch hingegen galt im christlichen Glauben, im Gegensatz zu den warmblütigen Tieren, als Kaltblüter nicht als Fleisch, war also einfach ein Ersatz. (1 Kor 15,39: „Nicht ist alles Fleisch ist einerlei Fleisch; […] ein anderes des Viehs, ein anderes der Fische […]“). Wichtig war der Fisch schon seit frühester christlicher Zeit für die Anhänger dieser damals neuen und noch verfolgten Glaubensrichtung im heutigen Israel und den umgebenden Mittelmeerstaaten auch deswegen, weil die Anfangsbuchstaben des Begriffes Iesos Christos Theou Yios Soter (Jesus Christus, Gottes Sohn, Retter) das griechische Wort Ichthys (Fisch) ergeben. Die frühen Christen malten daher als geheimes Erkennungszeichen Fische über Türen und unterirdische Gänge, um anderen Christen den Weg zu Gleichgesinnten und Gottesdienstversammlungen zu weisen.
Heutzutage können wir zwar leider nicht mehr aus dem gleichen Fischreichtum schöpfen wie einst unsere Vorfahren, dennoch brauchen wir nicht auf liebgewonnene Bräuche verzichten. Denn wie auch Traditionen einem Wandel unterliegen, der sich an die neuen Gegebenheiten der Zeit anpasst, können auch Rezepte neu interpretiert werden. Selbstverständlich sind sie auch an die jeweiligen aktuellen Fangbestimmungen der einzelnen Bundesländer angepasst.
Bayern – Saibling mit Selleriepüree und Petersilkartoffeln
Auch wenn man in Bayern weiß wie gut Schweine schwimmen können und so der Schweinsbraten fast als Fischgericht durchgehen könnte – mit dem freitäglichen Fischessen nimmt man es hier oft noch sehr genau. Daher erklärt sich die große Liebe der Bayern zu den einheimischen Bachforellen und Saiblingen. Genauso wichtig ist die Petersilie, die in der Salzkartoffel eine würdige Trägerin gefunden hat. Wichtig ist die Verwendung von glatter Petersilie, die aromatisch würzig schmeckt und nicht das scharf-unangenehme Aroma der krausen Petersilie ausweist, die hierzulande völlig zurecht als reine Dekoration an den Tellerrand verbannt wird. Das feste Saiblingsfilet ist geschmacklich eine Offenbarung und auch bei Menschen beliebt, die sonst nicht viel mit Fisch anfangen können. Seine rosa Färbung zeigt seine Verwandtschaft zu den Lachsfischen. Saibling harmoniert wunderbar mit dem würzigen Püree des Knollensellerie.
Bremen – Skrei mit Bremer Scheerkohl in Fenchel-Orangen Jus
Über die Weser war Bremen schon im frühen Mittelalter Umschlagplatz für schiffbare Waren. Besonders seit dem 17. Jahrhundert wurden edle Produkte aus aller Herren Länder dort umgeschlagen und natürlich auch selbst verbraucht. Daher reichen wir zu diesem Gericht ganz stilecht Basmati-Reis als Beilage. Auch der Winter-Kabeljau Skrei ist eine ganz besondere Delikatesse. Dieser prächtige, große Fisch mit leopardengleicher Zeichnung zieht von seinem Lebensraum am Rande des Nordpolarmeeres in der Barentssee zum Laichen in die norwegischen Lofoten und darf dort nur von Januar bis Ostern mit der Angel gefangen werden. Die streng kontrollierten Fangmethoden in kleinen Fischerbooten und die schnelle Verarbeitung machen diese Spezialität zu einem nicht ganz günstigen, dafür aber sehr nachhaltigen Produkt. Er passt wunderbar zum ersten frischen Grün des Scheerkohls. Dieses heute leider nur noch wenig angebaute Blattgemüse schmeckt mit seinen milden, das Immunsystem fördernden Senfölglykosiden zartwürzig. Wer nicht im Nordwesten lebt, kann ihn auch leicht selbst im Garten anbauen. Ein fruchtig-süßer Fencheljus komplettiert unaufdringlich die Geschmackskomponenten dieses Gerichtes.
Rheinland-Pfalz – Grumbeersupp mit gebratenem Heilbutt
Die Pfälzer Variationen der Kartoffelsuppe wird hier feiertäglich eingekleidet: durch das Pürieren gibt ihr der Lauch ein frühlingshaft hellgrünes Gewand. Das deftige Dörrfleisch wird durch den zarten Heilbutt ersetzt.
Wenn es zur Fastenzeit mal nicht der typisch süßsauer eingelegte Hering sein muss, hier ist eine raffinierte Variation für die französischsten unter uns Deutschen. Die milde Süße der Erbsen harmonisiert sehr gut mit dem leicht rauchig-salzigen Geschmack der Matjes. Die Minze gibt dem Gericht Frische, der saarländische Riesling Raffinesse.
Thüringen: Barsch mit Zwiebelzweierlei unter Burgunderschaumsauce
Thüringen ist ein bekanntes Anbaugebiet nicht nur für die exzellenten Weißweine an Saale und Unstrut, sondern auch für hervorragende Zwiebeln. Nicht umsonst haben der Zwiebel die Weimarer ein eigenes Fest, den Weimarer Zwiebelmarkt, gewidmet. In der thüringischen Küche kommt dieses Gemüse daher auch endlich einmal zu seinem Recht, als eigenständige Beilage zu glänzen, statt wie sonst immer nur fast unsichtbarer Geschmacksverstärker für allerhand andere Speisen zu sein. Hier reichen wir zum Gericht die bekannten selbsteingelegten sauren Zwiebeln als kalten Salat und karamellisierte rote Zwiebeln. Da Thüringen reich an Flüssen und Seen ist, fühlen sich Barsche hier sehr wohl. Das gesunde, feste und wohlschmeckende Fleisch des Barsches ist relativ grätenreich, daher wird er am besten schon vorher gut entgrätet. Wer keinen Flussbarsch bekommt, kann natürlich auch Meeresbarsch nehmen. Ein kleiner, mit Burgunder abgeschmeckter Schaum, gibt dem Gericht die festliche Note.